Wenn du darüber nachgedacht hast, ein Buch zu veröffentlichen, hast du vielleicht schon Verlage kontaktiert und bist mit der Normseite in Berührung gekommen. Verlage möchten die Zusendungen gerne in Normseiten haben und auch für mich als Freiberuflerin ist das eine gute Größe, um Texte abzurechnen. Aber was genau ist eine Normseite denn nun eigentlich? Googlet man, bekommt man verschiedene Definitionen, das macht die Sache nicht unbedingt einfacher. Deshalb möchte ich dir hier einen umfassenden Überblick geben.
Wie viel Zeichen umfasst eine Normseite?
Die Normseite ist eine Hilfsgröße, mit der man den Umfang eines Manuskripts abschätzen kann. Im Literaturbetrieb, Journalismus und in der Werbebranche dient diese als eine mögliche Berechnungsgrundlage für das Honorar von Autoren, Journalisten, Textern, Übersetzern oder Lektoren. Insbesondere Übersetzungen werden jedoch auch häufig nach Normzeilen abgerechnet, nicht jedoch Literaturübersetzungen.
Der Umfang einer Normseite beträgt je nach Definition und Quelle zwischen 25 Zeilen mit durchschnittlich 40 Schriftzeichen (d. h. ohne Berücksichtigung der Leerzeichen), also etwa 1000 Zeichen exklusive Leerzeichen, und 30 Zeilen mit bis zu 60 Anschlägen (d. h. mit Berücksichtigung der Leerzeichen), also maximal 1800 Zeichen inklusive Leerzeichen.
Heutzutage arbeiten viele Autoren, Übersetzer, Lektoren und Verlage nicht mehr mit der klassischen Normseite, sondern bestimmen die Anzahl der Normseiten eines kompletten Textes anhand der Zeichenmenge. Diese lässt sich mit Textverarbeitungsprogrammen ermitteln, wobei die Anzahl der Anschläge hier der Anzahl der Zeichen inklusive Leerzeichen entspricht. In Unkenntnis der rechtlichen Grundlage der Normseite (siehe unten) wird die Zeichenzahl des Textes manchmal irrtümlich durch 30 × 60 = 1800 Zeichen geteilt. Berechnet man die Normseite auf diese Art, so enthält sie im Mittel 20 Prozent mehr Text, als wenn sie tatsächlich physisch erstellt wird, da halbvolle Zeilen und Seiten sowie die Formatierung von Dialogen bei der Berechnung nicht berücksichtigt sind. Daher wurde von der VG Wort eine Normseite vereinfacht als Normseite à 1500 Zeichen festgelegt.
Die Normseite im DACH-Raum
Allerdings gibt es auch im DACH-Raum Unterschiede. Während in Deutschland und der Schweiz dieselben Normen gelten, weicht Österreich davon ab. In Deutschland und der Schweiz wurde die Zeichenzahl zwischen dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und dem Verband deutscher Schriftsteller vereinbarten Normvertrag vom 1. Juli 1992: 30 Zeilen zu jeweils maximal 60 Anschlägen, von der VG Wort vereinfacht als Normseite à 1500 Zeichen.
§ 54 des österreichischen Gebührenanspruchsgesetzes besagte bis zu seiner Novellierung mit 1. Jänner 2008, dass eine Seite im Sinn des Abs. 1 Z. 1 dann als voll gilt, wenn sie mindestens 25 Zeilen mit durchschnittlich mindestens 40 Schriftzeichen enthält. Bei geringerem Umfang ist die Gebühr für den entsprechenden Teil zu bestimmen. Nach der Novellierung wurde die Norm so umgestellt, dass die Gebühr für schriftliche Übersetzungen für je 1000 Schriftzeichen zusteht und zur Ermittlung der Gebühr die Anzahl der Schriftzeichen der Übersetzung (ohne Leerzeichen) durch 1000 zu dividieren und das Ergebnis mit der Gebühr nach Abs. 1 zu multiplizieren ist. Bei Literaturübersetzungen für österreichische Verlage wird üblicherweise wie in Deutschland die Normseite mit 30 Zeilen à max. 60 Anschläge zugrunde gelegt.
Wenn du jetzt also das nächste Mal eine Dienstleistung in Auftrag gibst, weißt du genau, was es mit dieser Normseite auf sich hat und wann Dienstleister dich über den Tisch ziehen wollen (oder es einfach nicht besser wissen).
Deine Julia
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