Bevor ich mit 30 beschlossen habe, mich als Lektorin selbstständig zu machen, bin ich beruflich noch ganz andere Wege gegangen. Ich war Erzieherin, habe dann studiert und mich auch in historisch angehauchten Berufen versucht: Lange habe ich mit dem Gedanken gespielt, nach dem Studium im Archiv zu arbeiten. Dass es letztendlich so gekommen ist, wie es gekommen ist, macht mich trotzdem glücklich, denn im Lektorat vereint sich vieles, was ich liebe. 1. Die Flexibilität
Ich habe Tage, an denen ich ganze Berge an Aufgaben abarbeiten kann. Aber ich habe auch Tage, da geht einfach nichts. Nun kann ich einfach rausgehen in die Natur, Kraft tanken und mich darauf verlassen, dass auch wieder Tage kommen, an denen ich alles wegarbeite.
2. Ich kann lernen und lesen -zwei Lieblingsbeschäftigungen
Als ich das Studium beendet hatte, war ich ein bisschen wehmütig. Mir hat es gefallen, täglich mehrere Paper zu lesen und mich mit Wissen zu beschäftigen. Durch das wissenschaftliche Lektorat und das Lektorieren historischer Romane komme ich aber nach wie vor in den Genuss der Wissensvermittlung und deshalb lektoriere ich diese auch am liebsten. Zudem war ich schon immer eine Vielleserin. Bücher halten bei mir nicht lange vor. Ich liebe das Lesen, das Abtauchen, die Figuren. Dass ich das für Geld machen darf, ist ein Geschenk für mich.
3. Mein Zweitjob ist Hebamme – so fühle ich mich zumindest
Jedes Buch, das ich begleite, verfolge ich auch noch nach der Veröffentlichung. Wie nehmen es die Leser auf? Gefällt es ihnen? Welche Kritik kommt – kann ich daraus etwas für meine Arbeit ableiten? Natürlich haben die Autor:innen das Werk geschaffen, aber wir Lektor:innen haben einen ganz wesentlichen Anteil am Endprodukt. Deshalb nenne ich mich immer Buchhebamme.
4. Ich kann selbst bestimmen, wo und mit wem ich arbeite
Spontan den Arbeitsort wechseln? Kein Problem, wenn ich Lust habe. Ich kann in die Stadt fahren oder sogar eine Workation planen, also reisen, um dort zu arbeiten. Ich liebe es, ab und zu den Arbeitsort zu ändern, dabei werde ich gleich wieder kreativer.
Und ich kann mich dazu entscheiden, mit jemandem nicht zu arbeiten. Wenn mir Buchthemen nicht zusagen oder ich mich nicht verantwortlich fühle, kann ich die Kund:innen weitergeben an meine wunderbaren Kolleg:innen. Hat es mit einem:r Kund:in nicht so sehr gefunkt, muss ich nicht noch einen Auftrag von ihm:ihr annehmen, wenn ich das möchte.
Ich schätze die Freiheiten, die mir der Beruf gibt und sie wiegen für mich schwerer als alle Nachteile. Wie ist es bei dir?
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